Freitag, 12. Juli 2013

Schweiztour Teil 2



Schweiztour Teil 2

 
Como und Brunate
30.05. - 01.06.2013 

Im Dunkeln den Berg hinauf zurück zu unserem Hotel war auch nichts für schwache Nerven. Als wir die Kuppe und unser Hotel erreichten war der winzige Parkplatz mit acht Fahrzeugen kreuz und quer vollgestellt.  Wir kurvten auf der Suche nach einer Stellfläche zunehmend entnervt durch Brunate. Hier gab es aber aufgrund der schmalen Straßen überhaupt keine Möglichkeit. Selbst wenn wir es geschafft hätten den klobigen Opel Vectra rückwärts seitwärts am Hang zwischen zwei Kleinwagen zu stopfen- die freien Flächen waren allesamt reserviert für Anwohner. 


Schlussendlich parkten wir unser Vehikel halb quer vor dem Hoteleingang. Leider war die Rezeption zu so später Stunde nicht mehr besetzt und der Anmeldebereich abgeschlossen. Über einen Hintereingang gelangten wir immerhin zu unserem Zimmer. Nun konnten aber alle acht Autos nur ausparken, wenn wir unseren Wagen wegführen. Den Autoschlüssel am Empfang abgeben fiel aus. Auf einem Hinweisschild im Treppenhaus stand sinnigerweise geschrieben: „Sollten sie nach 22 Uhr zurückkehren informieren sie bitte das Personal". Tja- Pech gehabt. Wir schrieben unsere Zimmernummer auf einen Zettel und platzierten diesen gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe und legten uns endlich ins zu weiche Bett. 
Am nächsten Morgen irgendwann um kurz vor 8 Uhr fuhr ein freundlicher Mann mittleren Alters mit dem Roller auf den Hof und schloss den Restaurantbereich mit der Rezeption auf. Grinsend nahm er meinen Autoschlüssel entgegen und ich konnte mich entspannt noch für eine Stunde ablegen. In dieser Zeit musste unser Auto immerhin  ein paar Mal umgeparkt werden. Als ich ich mich zum Frühstück wieder unten einfand, stand der Wagen jedenfalls im hintersten Winkel des Parkplatzes.

Für uns stellte sich nun die Frage, was wir mit dem Fußballfreien Tag anfangen sollten. Wir entschieden uns dafür das Auto stehen zu lassen und zu Fuß nach Como zu wandern. 
Vorher fragten wir ob dies problemlos möglich sei. Von der älteren Hotel- Dame hieß es dazu- "Überhaupt kein Problem, die Wege hinunter in die Stadt sind gut ausgebaut. In etwa einer Stunde seit ihr am Ziel".

Wie sich alsbald herausstellte waren die Wege nicht so gut wie beschrieben. Die schmalen und vor allem steilen Trampelpfade führten durch bewaldete Hänge und an einer Seilbahnstrecke entlang. Der Ausblick auf den Comer See lohnte sich aber allemal. 












Como ist mit ca. 86 000 Einwohnern die größte Stadt in der schweizerisch- italinischen Metropolregion Tessin. Durch die exponierte Lage an einem großen See, umsäumt von Bergen, dem Dom und einer typisch italienischen Altstadt mit vielen netten Plätzen ist Como auf jeden Fall einen Tagesausflug wert. 



 Der Berg mit unserem Hotel oben drauf von unten gesehen...





Wenn am heutigen Tag schon kein Spiel von Como Calcio stattfand, so kamen wir am Stadio Giuseppe Sinigaglia dennoch nicht vorbei. Der gammelige Ground des Drittligisten liegt direkt am See und hat rein optisch,abgesehen von der alten Ummauerung und einer imposanten Stahlrohrtribüne, nicht viel zu bieten.
















Nach einem sehr entspannten Tag in Como nahmen wir auf dem Rückweg die Seilbahn, da wir uns ohne Trekking-Ausrüstung dem Fußweg, über den wir herabgestiegen waren, nicht gewachsen sahen.
Den Abend verbrachten wir dann im beschaulichen Brunate bei Pizzastücken und einigen Bieren aus dem Supermarkt.




Am frühen Vormittag ließen wir nach dem Frühstück unser Auto ausparken und nahmen zum letzten Mal die Strecke über die schmalen Serpentinstraßen in Angriff.
Das Hotel Lacando Milano kann man trotz der schwierigen Anfahrt und der etwas chaotischen Parksituation durchaus empfehlen. Die Nacht im geräumigen und relativ sauberen Doppelzimmer inklusive Frühstück kostete 60 Euro.  
Auf dem Weg zu unserem nächsten Spiel machten wir zunächst noch einen Kulturhalt in Lugano. 




Die Universitäts-, Kongress-und Kulturstadt ist die mit knapp 61 000 Einwohnern die neuntgrößte Stadt in der Schweiz. Hier kann man wirklich prima die Zeit verbummeln und am See rumhängen.
Bevor es wieder auf die Autobahn ging besichtigten wir noch das Stadio Cornaredo. Der Ground mit zwei modernen Tribünen fasst 15 000 Zuschauer und ist mit Naturrasen und Laufbahn ausgestattet. Der FC Lugano spielt in der zweithöchsten Spielklasse der Challenge League.







FC Sion - FC Zürich
1.6.2013 / Super League 36.Spieltag / Tourbillon / 6 200 Zuschauer

Die geplante Route führte uns bis vor den Gotthard-Tunnel und dann über Passtraßen nach Sion. Aber da hatten wir die Rechnung ohne das Wetter gemacht, denn sämtliche Ausfallstrecken über die Pässe waren wegen starkem Schneefall gesperrt. So blieb uns leider nichts anderes übrig, als uns brav in den Stau vor dem Tunnel einzureihen und einen großen Umweg durch das halbe schweizer Autobahnnetz über Bern bis nach Sion in Kauf zu nehmen. Das und der teilweise heftige Regen drückten doch ordentlich auf die Stimmung. Immerhin erreichten wir Sion knapp 9 Stunden nach unserer Abfahrt in Brunate, aber rechtzeitig zwei Stunden vor dem Anpfiff.  





Das Stade de Tourbillon wurde 1964 erbaut und ist mit seinen vier freistehenden Tribünen in Form und Konstruktion sicher einmalig. Platz bietet es für insgesamt 16 500 Zuschauer. Ein wirklich schönes Fußballstadion mit Seltenheitswert in Zeiten, wo gerade in der Schweiz überall neue Arenen mit integrierten Shoppingzentren gebaut werden. Hier gibt es jedenfalls keine Supermärkte oder Möbelhäuser, alles ohne Schnickschnack auch die kulinarische Auswahl ist etwas speziell. 
Bevor wir unsere Plätze auf der Gegengraden einnahmen beobachteten wir noch den ordentlichen Gästemob auf dem Fußmarsch vom Bahnhof zum Stadion. Auf den ersten Metern vom Gleis zur Straße wurden einige Böller und sonstiges Pyromaterial gezündet.












Während sich der Gästeblock langsam aber stetig füllte, blieb die Heimkurve in der Mitte in einem mit Flatterband abgesperrten Bereich leer. Die Zeichen standen auf Stimmungsboykott.
Im Awaysektor gab es immer mal wieder Unruhe und einen regen Austausch von Nettigkeiten mit dem privaten Sicherheitsdienst, welcher in Vollschutz mit Helm, Gaskanister und Schilden ausgestattet war.





Kurz vor dem Anpfiff befestigte die Ultraszene auf Heimseite drei Protestspruchbänder und geachten mittels Spruchband und kleiner Fahne einem verstorbenen Fan. Der inzwischen gut gefüllte und beflaggte Gästesektor hielt dazu eine Schweigeminute ab.






Danach schallten zu Konfetti und Schalparade die unverwechselbaren Gesänge der Südkurve Zürich durch das Stadion. Leider war die Mittmachquote im oberen Bereich und an den Seiten des Blocks nicht wirklich hoch, so dass es mitunter an Lautstärke fehlte. Dafür konnte das durchgezogene Programm komplett überzeugen. Die teilweise neuen, bzw. mir völlig unbekannten Lieder wurde sehr lange und ausdauernd zelebriert. Kein Lied wurde doppelt gesungen. Respekt! 
Irgendwann gegen Ende der ersten, noch torlosen Spielhälfte wurden drei Fackeln angerissen und an dünnen Schnüren bis fast unter das Tribünendach gezogen. Zu einem neuen Kurvenhit, welcher bis zum Ende der Pause über zwanzig Minuten intoniert wurde, gab es immer wieder Bengalos und vereinzelt auch Knallkörper.






                  

Die zweite Hälfte wurde turbulent. Zunächst ging der FC Zürich in Führung und im Gästeblock wurde ein unfassbares Fackelinferno gezündet. Einfach nur krass! 





 Nur wenige Minuten später gelang dem Gastgeber der Ausgleich. Nun wurde auch auf der Heimseite, wenn auch deutlich verhaltener gejubelt. Der abgesperrte Bereich blieb das gesamte Spiel über frei. Szenefahnen hingen keine, nur die drei Protestbanner.
Die Rauchschwaden am Gästeblock hatten sich noch nicht ganz verzogen, als der FCZ erneut in Führung ging. Wieder gab es Feuer zu den genialen Gesängen. Wäre die Mitmachquote höher ausgefallen, so hätten wir für diesen Auftritt bedenkenlos eine 1+ vergeben. 
Eine Viertelstunde nach der Halbzeitpause stand es plötzlich 2:2. Doch dabei blieb es nicht. Das muntere Toreschiessen ging weiter und bis zum Ende legte der FC Sion noch mal zwei Tore nach. Nun brachen auf den Stehrängen der Walliser einige Dämme und im Überreifer wurde ein Protestbanner heruntergerissen, was zu ersten kurzen Scharmützeln zwischen Fans und Ultras führte. 

Der Stimmung im Gästeblock tat dies alles keinen Abbruch. Hier wurde weiter unverkrampft und euphorisch supportet. 




Nach dem Schlusspfiff wurde im Gästeblock noch drei Wendespruchbänder für die Mannschaft gezeigt:
"Im Dezämder simmer no enttüscht uffem Trainingsplatz gstande..." und auf der anderen Seite "... jetzt  stömmer da und danked oi für die Rückrundi. Witer so!"
Untermalt wurde das ganze dann mit einer erneuten Bengaloshow. Selten habe ich bei einem Spiel einen so befreiten und exzessiven Umgang mit Fackeln gesehen. Respekt!




Auf der Heimtribüne kam es noch zu handfesten Meinungsverschiedenheiten rund um den Stimmungsboykott. Eine martialische behelmte Security- Einheit rückte an um dem Ganzen ein Ende zu setzen. Für einen Moment roch es schwer nach Eskalation, aber passiert ist dann nichts mehr. 
Nach diesem Knallerspiel ging es zurück zum Auto, um die verbleibenden 950 Kilometer nach Hause abzusreißen. Dies gelang auch mehr oder weniger problemlos. Nach einer kleinen Panne bei Freiburg fiel der Autowagen dann am Heimatort komplett aus und konnte nur mit Hilfe des ADAC wieder zum laufen gebracht werden. 






 


 

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